William Goldings „Lord of the Flies“[1] erschien 1954 mit der bedrückenden Schilderung der Abgründe von Gruppendynamik. Das Buch erzählt von einer Gruppe von 6- bis 12-Jährigen, die nach einem Flugzeugabsturz auf einer scheinbar paradiesischen, einsamen Insel in einen Kampf ums Überleben geraten. Es handelt von der Rivalität zweier Führungspersonen (Ralph und Jack), von Gruppenidentität und Abgrenzung, von der Dynamik von Angst und Faustrecht und gipfelt schließlich in Hass und Mord. Vermutlich kennen Sie das Buch aus ihrer Schulzeit, wahrscheinlich haben Sie es aber noch nie als Kooperationsgeschichte gelesen. Es ist die Geschichte gescheiterter Kooperation, gespeist aus einer Mischung aus Angst, fehlendem gesellschaftlichen Ordnungsrahmen und Geltungsdrang. Und doch schildert es eine uns nur allzu bekannte Form von Kooperation: Die Kinder schließen sich in zwei Gruppen zusammen, um Sicherheit zu finden. Zusammenarbeit findet sich – allerdings nur innerhalb der beiden Gruppen. Bedrohung von außen (die andere Gruppe und das vermeintliche Monster) stärkt den Zusammenhalt und lässt die Kinder strikte Regeln einhalten, die sie unter anderen Umständen wohl klar abgelehnt hätten. Es ist die Geschichte von Kooperationen, die das Überleben und Sicherheit bieten sollten und dennoch Leben und Sicherheit kosten.
[1] Golding, W., Herr der Fliegen, 52. Auflage, Fischer, 2011