Eine Kooperationsgeschichte der besonderen Art bietet die Autobiografie „The Flock“[1]. Die Autorin, eine unter dem Pseudonym Joan Frances Casey schreibende heutige Universitätsprofessorin, erzählt darin die Geschichte ihrer fünfjährigen Psychotherapie.
Casey, eine 26 jährige verheiratete Studentin, kommt plötzlich zu sich. Sie findet sich am Rande eines Hochhauses bereit zum Sprung. Sie hat keine Ahnung, wie sie in diese Situation kommt. Es war nicht ihr erster „Aussetzer“, diesmal aber Anlass, therapeutische Unterstützung zu suchen.
Der Therapeutin Lynn Wilson begegnen im Verlauf der Sitzungen immer wieder andere Seiten von Casey. Mehr als das, zeigt sich Casey einmal als die fünfjährige Missy, als ein Junge namens Rusty, als alle zufrieden machen wollende Renee, als selbstzerstörerische Josie. Im Laufe der Therapie zeigen sich 24 Persönlichkeiten, die abwechselnd die Kontrolle über Caseys Körper und Bewusstsein übernehmen. Mit viel Einfühlungsvermögen gelingt es Wilson, die einzelnen Persönlichkeiten kennen zu lernen und als zum Selbstschutz vor enormer seelischer Grausamkeit „abgespaltete“ Anteile von Casey anzuerkennen. Doch wie kann es gelingen, mit einem „Schwarm“ (engl. „flock“) 24 unterschiedlicher Persönlichkeiten in einem Körper zu wohnen? Oder 24 KlientInnen gleichzeitig zu betreuen?
Langsam gelingt es, zumindest Verbindungen zwischen einigen der Persönlichkeiten herzustellen. Renee ist dabei äußerst hilfreich, andere Persönlichkeiten aufzuspüren und den Beziehungsaufbau zu unterstützen. Andere Persönlichkeiten sind alles andere als erfreut, von Casey zur Therapeutin geschleppt zu werden.
Über das gegenseitige Kennenlernen und Anerkennen gelingt die unglaubliche Kooperationsgeschichte. Anfangs mit lediglich gegenseitigen Vereinbarungen und Zugeständnissen, entfaltet sich mit der Zeit die berührend beschriebene Integration des „Schwarms“.
„I was the flock, with all of the personalities, flying in formation in some tightly woven instinct to be one. A group mind with a single thought, moving toward a shared destiny. […] ‘Hello, Whole Self’, Lynn said. ‚Welcome‘.“[2]
Die Geschichte hat übrigens kein reines Happy End. Casey muss schmerzhaft erkennen, dass ihre Persönlichkeiten sie vor viel Leid beschützt und abgeschirmt hatten. Mit vereinigter Kraft kann Casey ein neues Leben beginnen.
[1] Casey, J.F., The Flock: The Autobiography of a Multiple Personality, Ballantine Books, 1992
[2] Ebenda, S. 285