Joachim Bauer[1] erzählt uns die Geschichte der Kooperation als Selbstverständlichkeit des Menschseins. Er richtet sich gegen ein einseitig von den Entdeckungen Darwins geprägtes Menschenbild und damit verbundene Begriffe wie ‚Konkurrenz‘ und ‚Überlebenskampf‘ als „Konstruktion, die aus dem Wirtschaftsleben kämen und von außen an die Biologie herangetragen worden seien. Die Biologie kenne kein Erfolgsdenken, wie es die Wirtschaft beherrsche“[2]. „Wir sind – aus neurobiologischer Sicht – auf soziale Resonanz und Kooperation angelegte Wesen. Kern aller menschlichen Motivation ist es, zwischenmenschliche Anerkennung, Wertschätzung, Zuwendung oder Zuneigung zu finden und zu geben“[3].
Das ‚nackte Überleben‘ ist zweifelsohne ein tief sitzender Motivationsfaktor für menschliches Handeln. Dennoch meint Bauer, dass der reine Überlebenswille keinesfalls der stärkste Antriebsfaktor des Menschen sei: „Nicht nur Personen, auch Tiere, die gegen ihren Willen dauerhaft ausgegrenzt und isoliert werden, verlieren alles Interesse am Leben, verweigern die Nahrung, werden krank und sterben. Bei Lebewesen, die Hunger haben, werden die Motivationssysteme auch durch in Aussicht stehende Nahrung aktiviert. Dies macht biologisch Sinn. Dass dauerhafte soziale Isolation – beim Menschen und bei zahlreichen Tieren – den Willen zur Nahrungsaufnahme erlahmen lässt, zeigt die vorrangige, übergeordnete Bedeutung der Gemeinschaft als Motivationsziel“[4]
Bauer beschreibt die Funktionsweise des neurologischen „Motivationssystems“ und der Botenstoffe Dopamin und Oxytocin und kommt zum Schluss: „Nichts aktiviert die Motivationssysteme so sehr wie der Wunsch, von anderen gesehen zu werden, die Aussicht auf soziale Anerkennung, das Erleben positiver Zuwendung und – erst recht – die Erfahrung von Liebe“[5]. Kooperation ist unser natürlicher Zustand.